Wie wir die Spekulanten besiegten

25 05 2010

Da war es also wieder: Das böse S-Wort. Die Spekulanten waren zurück. Nachdem sie mit Wetten gegen Lehman das Weltfinanzsystem nur halb zerstören konnten, zogen sie sich zurück, um ihre Kräfte zu sammeln und nun auf ein neues Ziel, die armen Griechen und damit indirekt auch auf den Euro einzuschlagen und sich dabei unheimlich zu bereichern – natürlich auf Kosten der Steuerzahler, der Rentner, der Kinder etc. Aber Gott sei Dank war auch in dieser Krise die Kavallerie der weitblickenden Politiker wieder rechtzeitig zur Stelle. Selbstlos warfen sie sich für ihre Länder, ihre Wähler und ihre Währung in die Bresche und vollbrachten das Alternativlose. Bevor man nun auf einen Nebenkriegsschauplatz ausweicht und fragt, ob es wirklich sinnvoll ist, eine politische Richtungsentscheidung durch Wahlen zu treffen, nur damit die Gewählten sogleich alternativlose Beschlüsse umzusetzen, die ihnen unbekannte Dritte aufgezwungen haben, sollte man sich allerdings zuerst mit der Grundaussage beschäftigen. Haben wirklich Spekulanten die derzeitigen Tumulte verursacht?

Dazu ist es zuerst einmal notwending, den Begriff des Spekulaten zu definieren. Im Gegensatz zum Arbitrageur, der kein Risiko eingeht, weil er bestehende Marktunterschiede ausnutzt und damit zum Verschwinden bringt, wettet der Spekulant auf zukünftige Marktentwicklungen, ist allerdings auch bereit, ein eigenes Risiko einzugehen. Sollten sich die Märkte nicht wie von ihm gewünscht entwickeln, muss er also mit Verlusten aus seinem Spekulationsgeschäft rechnen. Auch der Spekulant hat in der modernen Marktwirtschaft durchaus seine Darseinsberechtigung. Er ist bereit, Risiken zu tragen, die andere Marktteilnehmer nicht zu tragen bereit sind. Risikoaverse Marktteilnehmer können also Risiken auf die Spekulaten transferieren, die vielleicht besser gewappnet sind, um mit diesen umzugehen.

Nun stellt sich allerdings die interessante Frage, welcher Marktstatus als Spekulation zu definieren ist.  Nach der Meinung der meisten Politiker waren die Märkte bis kurz vor der Griechenlandkrise frei von Spekulation und effizient. Erst als böse Spekulanten die griechische Wirtschaft aufs Korn genommen hatten, änderste sich die Situaton schlagartig und der Markt wurde ineffizient. Griechenland war es nicht mehr möglich, sich zu „fairen“ Zinsen auf dem Markt zu refinanzieren.

Ich muss gestehen, dass ich die Sachlage völlig anders sehe. Meiner Meinung nach war der Markt vor der Griechenlandkrise von purer Spekulation geprägt und erst in der Griechenlankrise zog wieder gesunder Menschenverstand, wenngleich auch einhergehend mit einigen Übertreibungen, am Markt ein. Bis kurz vor der Griechenlandkrise spekulierten die Marktteilnehmer darauf, dass im Fall der Fällem die EU den Griechen schon aus der Klemme helfen werde. Dies spiegelte sich sehr schön in dem geringen Spread zwischen griechischen und deutschen Staatsanleihen wider. Erst nach und nach wurde allerdings klar, dass die Griechen etwas zu stark übertrieben hatten und der Fall der Fälle, nämlich die Staatspleite, gar kein so hypothetischer Fall mehr war. Die Spreads weiteten sich und Griechenland musste mehr für seine Neukredite zahlen. Ich sehe es nicht als abwegig an, wenn ein Gläubiger sich die Frage stellt, ob ein Schuldner aus eigener Kraft jemals seine Schulden zurückzahlen im Stande ist. Für Griechenland, das weder für seine Rohstoffvorkommen noch für seine führenden Technologien bekannt ist, würde ich die Frage mit Nein beantworten. Die von den Euroländern beschlossenen Griechenlandhilfen dienen also ebenso wie der Euroschutzschirm nur dazu, den unnatürlichen Spekulationsstatus beizubehalten, so wie er vor der Krise herschte.

Wenn man sich nun die Frage stellt, wer eigentlich der böse Spekulant war, der am meisten von der Vorkrisenzeit profitierte, kann man wieder einmal die grossen Banken, die schon einmal gerettet wurden, identifizieren. Es war einfach zu verlockend, mit griechischen Staatsanleihen leicht höhere Zinsen als bei deutschen Staatsanleihen einzunehmen, wenn man doch zur gleichen Zeit implizit davon ausgehen konnte, dass Deutschland für die griechischen Schulden direkt oder indirekt eintstehen werde. Um der ganzen Geschichte noch einen weiteren ironischen Touch zu verpassen, sei der Hinweis erlaubt, dass besonders in Deutschland die aktivsten Banken in diesem Bereich genau diejenigen waren, die schon einmal geretten wurden und teilweise mehrheitlich in Staatbesitz stehen. Wenn man die ganze Geschichte zusammenfassen möchte könnte man also behaupten, dass Steuergelder verwendet wurden, um einen unnatürlichen, spekulativen Marktstatus beizubehalten, von dem besonders die großen und auch die „staatliche“ Banken profitieren. Dass solche unnatürlichen Ungleichgewichte nicht auf Dauer beibehalten werden können, sondern sich irgendwann selbst korrigieren, sollte jedem Marktteilnehmer bewusst sein. Wir haben die Spekulanten also nicht besiegt, sondern halten sie mit Steuergeldern nur etwas länger im Geschäft, bevor sie letztendlich doch mit dem Risiken konfrontiert werden, die sie selbst eingegangen sind.